Ein Fehler zum liebhaben Teil 8

Als die beiden sich endlich auf den Weg zurück machten war die Nacht schon hereingebrochen.

„Haben wir das gerade eigentlich wirklich getan oder bin ich kurz weg genickt und hab das nur geträumt?“, mit einem breiten Grinsen sah sie zu Sven.

„Willst du noch mal zurück und es rausfinden?“

„Das hättest du wohl gerne.“

„Vielleicht.“

„Wir hätten nachher ja auch noch Zeit, oder etwa nicht?“

„Dann erklärst du aber deiner Ma, warum du nicht mit nach Hause willst.“

„Wieso sollte sie bei dir sein?“

 „Weil irgendwer Sammy nach Hause bringen sollte.“

„Sammy? Wer ist Sammy?“

„Das ich, wo du letztens in Evergreen Harbor warst, mit einem Hund unterwegs war, ist dir aber schon aufgefallen oder?“

„Ja, ist mir. Das heißt, dass ist Sammy? Okay … aber seit wann hast du einen Hund, ich hatte immer gedacht, du hast es nicht so mit Tieren.“

„Ich und es nicht mit Tieren haben. Der ist echt gut. Als wir damals umgezogen sind tat ich mir echt schwer damit, neue Freunde zu finden. Da kamen meine Eltern auf die Idee, dass ein Hund mich vielleicht etwas aufbauen würde. Und so kam Oreo zu uns. Er war lange Zeit mein einziger Freund. Einen Anschluss fand ich erst, als es in die fünfte Klasse ging, was aber nichts daran änderte, dass er mein liebster Freund war. Sammy kam auf einen ähnlichen Weg zu mir. Mein Paps konnte es nicht mehr mit ansehen, dass ich so antriebslos war. Vor ca. 6 Monaten kam er zu mir mit Sammy im Schlepptau. Ich dachte erst, dass sie sich einen zweiten Hund angeschafft hatten. Doch dann sagte mein Pa mir, dass Sammy mein Hund sei. Am Anfang war es echt etwas komisch. Vor allem, weil er mir einfach angedreht wurde, aber dann merkte ich selber, dass er mir wieder einen Grund gab, morgens aufzustehen.“

„Krass, ich würde meiner Ma einen Vogel zeigen, wenn sie ein Tier anschaffen würde, damit ich mich dann darum kümmern kann.“

„Es war ja nicht das erste Mal das sie so gehandelt haben. Um Oreo habe ich mich damals auch fast alleine gekümmert.“

„Wissen deine Eltern eigentlich, dass sie Großeltern sind? Weil, man soll Tiere, wenn kleine Kinder im Haus sind eigentlich meiden. Das habe ich mal in einer Zeitschrift gelesen bei meinem Frauenarzt.“

„Keine Ahnung wer auf diesen Blödsinn gekommen ist. Sammy hat kein Problem mit Nikki, er lässt sich vieles gefallen, eingreifen musste ich noch gar nicht. Und wenn es ihm zu viel wird, dann geht er nach oben.“

 „Nach oben?“ verwirrt sah sie Sven von der Seite an.

„Ja in der letzten Zeit hat sich doch so dass ein oder andere bei mir geändert. Die Wohnung die du noch kennst, ist schon länger passé.“

„Du hast jetzt aber nicht wirklich so ein Container Haus? Wovon du damals immer so geschwärmt hast.“

„Doch habe ich.“

„Okay …“

„Ach, es sieht von außen vielleicht etwas komisch aus, aber von innen sieht es wie jedes normale Haus aus. Du wirst es gleich ja sehen, es sei denn, du willst jetzt doch einen Rückzieher machen.“

„Nein“, sie zog ihn zu sich runter und küsste ihn, „so schnell wirst du mich jetzt nicht mehr los.“

„Das meine Liebe, will ich auch hoffen.“

Händchen halten liefen sie bis zu dem Parkplatz, an dem Sven am Morgen seinen Wagen abgestellt hatte.

Die Fahrt nach Evergreen Harbor verlief sehr ruhig. Kaum das Sven auf die Autobahn fuhr, vielen bei Natalie die Augen zu.

Wach wurde sie erst als der Motor nicht mehr dröhnte. Leicht verwundert sah sie sich um, nichts bewegte sich mehr.

„Wieso stehen wir?“, fragte sie gähnend.

„Weil wir da sind.“

Immer noch irritiert stieg sie aus und sah sich um. Sie kannte diese Ecke, wenn auch ein wenig dreckiger. Aber sie kannte sie und sie wusste noch, dass Sven immer davon geträumt hatte, sich hier ein Grundstück zu kaufen.

Sie liefen ein kleines Stück bis Natalie realisierte, worauf sie dazu liefen. Skeptisch blieb sie stehen und Verschränkte ihre Arme.

„Ich werde nie verstehen was man daran schön finden kann.“

„Wie ich schon sagte, von außen sieht es vielleicht nicht so berauschend aus, aber dafür von innen.“

„Hmm … ich weiß nicht.“

„Bedenke immer eines. Ich bin immer noch ein Student. Ich hatte also nur das zur Verfügung, was ich von meiner Oma Geerbte habe. Fast mein komplettes Erbe steckt da drin und viel Schweiß. Hab mit meinen Paps vieles selber gemacht. Würde schon so sagen, dass über 60 Prozent Handarbeit ist.“

„Und wie viel haben deine Eltern da reingesteckt? Ich glaube nicht, dass du alles mit dem bisschen Geld, was du von deinen Eltern bekommst, bezahlen kannst.“

„Die Grundstückssteuer kann ich mit dem Rest meines Erbes noch locker Zahlen bis ich mit dem Studium durch bin, danach wird es knapp.“

„Und was ist mit Wasser und Strom?“, Natalie dachte sie hätte das vernichtende Urteil gegen dieses Haus, aber sie lag falsch.

Als Sven antwortete strahlte er wie ein Honigkuchen Pferd: „Kostet alles keinen Cent. Dieses Haus kann sich selber versorgen. Sonnenkollektoren auf dem Dach und Wassersammler neben dem Haus. Mit dem eingesparten Geld könntest du dir locker jeden Monat fünfzig paar Schuhe kaufen.“

„Mach keine leeren Versprechungen!“

„Mache ich nicht.“

„Okay“, sie streichelte seine Wange, „dann hoffe ich, dass du genug Stauraum hast.“

„Das Haus ist groß, für einen alleine etwas zu groß.“

„Ach wie gut das du dir so eine dicke wie mich angelacht hast, ich fülle es schon aus.“

„Jetzt fang nicht damit wieder an!“

„Keine Sorge“, sie kicherte, „ich wollte dich nur etwas necken und jetzt küss mich du Idiot.“

Freudig kam er dieser Aufforderung nach.

„Bist du denn bereit?“, fragte Sven sie, nach dem sich ihre Lippen voneinander getrennt hatten.

„Bereit wofür?“

„Im Wohnzimmer ist Licht an und das Nachtlicht bei Nikki ist auch an. Das heißt es ist nicht nur deine Ma da, sondern auch Yas.“

„Vielleicht sollten wir das nächstbeste Hotel aufsuchen.“

„Theoretisch wäre das eine Idee, aber ich denke, dann machen die sich verrückt vor Sorgen. Es bringt nichts, wir müssen da wohl durch.“

„Was solls, immerhin kriegen sie das, was sie sich gewünscht haben … Yasemin hat sich das doch gewünscht oder ist sie etwa in dich verknallt?“

„Ich denke nicht, sie trifft sich seit ein paar Wochen mit irgendjemand. Sieh mich nicht so an, ich weiß nicht ob Weiblein oder Männlein … sie trifft sich mit jemanden und Ende.“

„Joa dann ist das eben so. Komm, bringen wir es hinter uns.“

Judith und Yasemin saßen jetzt schon seit Stunden im Wohnzimmer und unterhielten sich, wobei sich die Unterhaltung fast nur darum drehte, was Yasemin und Sven in ihrer Kindheit alles für Blödsinn angestellt hatten.

Erst als sie hörten, wie die Haustür aufgeschlossen wurde, verstummten sie und sahen gespannt in den Flur.

„Was seht ihr denn so angespannt aus“, fragend blickte Natalie zu den beiden, konnte sich ein kleines Lächeln aber nicht unterdrücken.

„Ich träume nicht, oder? Yasemin, sag mir, dass ich da ein Lächeln sehe!“, Judith krallte sich an Yasemins Arm.

„Hier träumt keiner“, antwortete Sven, trat an seine Nat und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Siehst du? Ich habe es dir gesagt, ich habe es dir gesagt“, kam es von Yasemin.

„Ihr spielt uns jetzt aber auch nichts vor … hoffe ich.“

„Es ist alles in Ordnung, Mama.“

„Das heißt, ihr seid wieder zusammen?“, hoffnungsvoll sah Judith ihre Tochter an.

„Scheint wohl so, immerhin schreit sie mich nicht mehr an“, antwortete Sven mit einem Lachen.

Judith stand auf, ging zu den beiden und nahm sie in den Arm: „Danke.“

„Mama? Weinst du?“, fragte Natalie als sie merkte, dass etwas Nasses auf ihre Schulter getropft war.

„Ja … ich bin einfach so glücklich“, sie sah beide an, „endlich kann ich wieder beruhigt schlafen“ sie blickte zu Yasemin und fragte sie: „sollen wir uns auf den Weg machen? Ich denke, die beiden haben noch viel nachzuholen. Und dabei nerven wir sie bestimmt nur.“

„Können wir, ich muss nur noch Nikki einsacken.“

„Lass sie doch schlafen“, kam es von Sven.

„Ist schon gut. Genießt erst mal eure Zeit zu zweit und dann schauen wir mal, dass sie sich an Natalie gewöhnt. Würde ich sie jetzt hierlassen, würde sie sich nur zwischen euch drängen. Und das wollen wir ja nicht.“

Keine fünf Minuten später hatte sie ihre müde Tochter auf den Arm. Die Verabschiedung wurde sehr kurzgehalten, damit Nicole schnell wieder ins Bett kam. Judith nahm ihre Tochter und Sven noch mal in den Arm und verschwand dann zusammen mit Yasemin.

„Hmm, ich glaube du solltest hier einziehen, so schnell werde ich Yas sonst nie los.“

„Jetzt übertreib es aber nicht direkt.“

„Es war ein Spaß, mehr nicht.“

„Sicher? Klang wie ernst … ach keinen Plan ich glaub ich bin einfach zu müde um noch irgendwas richtig zu verstehen.“

„Vielleicht hätten wir doch vorhin einen kleinen Umweg in Kauf nehmen sollen. Kannst ja schlecht mit den Sachen schlafen die du schon den ganzen Tag an hast“, nachdenklich sah Sven nach draußen in die Nacht, „wobei … mir fällt da gerade etwas ein“, kaum dass er das sagte, verschwand er und ließ Natalie alleine zurück.

Neugierig sah sie sich um und sie musste Sven recht geben, von innen sah das Haus wirklich sehr hübsch aus.

„Gefunden.“

Natalie zuckte unübersehbar zusammen.

„Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken“, er ging auf sie zu, „hier, die habe ich letzten noch gefunden. Die sind zwar von Yas, aber reinpassen würde sie eh nicht mehr. Vielleicht passen sie dir ja, könnten vielleicht etwas groß sein.“

„Ich werde mal gucken“, sie verschwand ins Bad, nachdem Sven es ihr gezeigt hatte.

Keine zwanzig Minuten später saß Natalie auf dem Bett und gähnte ohne Unterbrechung.

„Morgen ist auch noch ein Tag“, kommentierte Sven ihre Müdigkeit.

Sie verstand sofort, worauf er anspielte und ergriff seine Hände: „So müde bin ich nun auch nicht.“

„Wirklich? Glauben tu ich dir das nicht, aber bei mir ist der Ofen aus. Irgendwie war das heute doch etwas viel. Was hältst du also davon, wenn wir uns einfach hinlegen und schlafen? Für alles andere ist morgen auch noch Zeit. Und morgen ist Sonntag, das heißt, ich muss nicht zur Uni.“

Ohne etwas zu sagen legte sich Natalie hin und sah zu Sven. Dieser machte noch das Licht aus und legte sich dann zu ihr. Wie früher schmiegte sie sich an ihm.

„Wenn ich morgen wach werde bist du aber noch da, oder?“, fragte Sven.

„Ich werde da sein.“

„Dann ist gut“, er küsste sie noch einmal ehe er einschlief.

Natalie lag da und sah ihm wie früher beim Schlafen zu. Er sah in ihren Augen so unbeschreiblich süß aus, wenn er schlief. Sie wollte diesen Anblick so lange wie möglich auskosten, aber ihre Augenlieder wurden immer schwerer und ohne es zu wollen schlief auch sie ein.

Weiter mit Teil 9