Ein Fehler zum liebhaben Teil 5
Fast ein Jahr später saß Judith vollkommen aufgelöst bei Sven und schüttete ihm ihr Herz aus.
„Ich erkenne mein kleines Mädchen einfach nicht mehr wieder. Sie lässt sich immer mehr gehen. Wenn sie so weiter macht, Zweifel ich bald daran, dass sie noch durch die Tür passt. Ich weiß einfach nicht mehr weiter.“
„Judith. Ich verstehe, dass du dir sorgen um Natalie machst, aber wieso kommst du deswegen zu mir? Meinst du etwa sie würde auf mich hören? Wenn ja, kann ich dir direkt sagen: Vergiss es.“
„Du hast es ja nicht mal versucht!“
„Weil es nichts bringen wird. Ich habe damals alles versucht, damit sie mir verzeiht. Aber naja, du weißt ja, wie es ausgegangen ist.“
„Leider“, Trauer lag in ihrer Stimme, „aber ich will auch nicht einfach so aufgeben. Als ihr zusammen wart hat sie immer so viel gelächelt, war einfach nur glücklich. Und jetzt kann ich es im Kalender anstreichen, wenn sie mal lächelt.“
„Deine Tochter ist alt genug um für sich selber zu entscheiden. Und ich habe ihre Entscheidung akzeptiert.“
Judith sah zu der kleinen Nicole, die voller Inbrunst mit ihren Bauklötzen spielte: „Ist sich Yasemin etwa zu fein, sich um ihr Kind zu kümmern?“
„Nein!“
„Und warum ist sie dann hier?“
„Weil sie auch zufälligerweise meine Tochter ist.“
„Sie wird dir nur im Weg stehen.“
„Ähm, kleine Frage. Hast du irgendein Problem mit Nikki?“
„Ob ich ein Problem mit ihr habe?“, sie sah Sven mit zusammengezogenen Augenbrauen an, „Sie ist der Grund, warum mein Baby sich aufgibt. Sie hat alles kaputt gemacht!“
„Wenn du jemanden die Schuld geben willst, dann fang von mir aus bei mir an, aber lass Nikki in Ruhe. Sie kann da gar nichts für. Ich war damals auch nicht erfreut darüber als mir Yas erzählte, was passiert ist. Aber es ist passiert und man muss versuchen, das Beste draus zu machen. Einfach der Kleinen die Schuld an allen geben macht es auch nicht besser. Und wenn du anderer Meinung bist kannst du ruhig gehen.“
Ihr Blick richtete sich wieder auf Nicole und mit jeder Sekunde die sie sie beobachtete hellte sich ihre Mine auf.
„Es tut mir leid“, richtete sie das Wort an Sven, „ich habe keine Ahnung, wieso mir das gerade rausgerutscht ist. So bin ich doch gar nicht.“
„Du machst dir sorgen um deine Tochter. Da sagt man schon mal Sachen, die nicht so angebracht sind. Ich weiß wovon ich da rede.“
„Sven darf ich dich was fragen?“
„Klar, schieß los.“
„War es wirklich nur ein Versehen?“
„Ich habe es damals wirklich ernst mit deiner Tochter gemeint. Sie war für mich immer etwas Besonderes, etwas was ich nie verlieren wollte. Und doch habe ich das, was mir am wichtigsten war, am Ende im Suff kaputt gemacht. Hätte ich es an dem Tag nicht übertrieben, wäre das nie passiert. Aber so bin ich der Blöde gewesen, der unter einer kaputten Ehe leiden musste. Ich kann mich nicht mal im Geringsten daran erinnern und ich hätte es auch zu gerne geleugnet, aber das Ergebnis ist eindeutig. Kurzum es war eine einmalige Sache, ein Versehen. Yaz ist für mich wie eine Schwester. Wir sind zusammen aufgewachsen. Nie im Leben wäre ich auf die Idee gekommen mit ihr …“ er schüttelte seinen Kopf, „nein … ich wollte Natalie wirklich nicht verlieren…“
„Du liebst sie immer noch, oder?“, neugierig sah Judith ihn an.
„Wäre ich sonst noch Single?“
„Gutes Argument.“
„Ich würde alles aufgeben, nur damit sie mir verzeiht. Aber eher versöhnen sich Yaz und Tina wieder, als dass deine Tochter mir das verzeiht.“
Judith stand auf und nahm Svens Hand in ihre: „Ich werde dir helfen, so gut ich kann. Auch wenn sie es nicht hören will. Aber ihr beide gehört zusammen.“
Einige Wochen später war die kleine Nikki wieder bei ihrer Mutter und Sven nutzte diese freie Zeit, um seinen Hund Sammy mal wieder die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ausgiebige Spaziergänge, rumtollen, all das, was während seine Tochter bei ihm war, ein wenig zu kurz kam.
Es war ein schöner warmer Sommertag als er mit Sammy am Hafenbecken spielte. Ein Moment, in dem er alles vergas, was ihm Sorgen bereitete. Judith letzter Anruf war auch schon Tage her. Sie versuchte auf ihre Tochter einzureden, aber stieß nur auf taube Ohren. Womit Sven von Anfang an gerechnet hatte. Er kannte Nat zu gut und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf das hören würde was ihre Mutter ihr sagte, war fast schon gleich null.
Und doch näherte sich den beiden eine Person, die eigentlich gar nicht hier sein wollte.
„Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?“
Erschrocken blickte Sven auf und traute seinen Augen nicht. Vor ihm stand wahrlich seine Nat. Und ihre Mutter hatte nicht übertrieben als sie sagte, sie würde immer runder.
„Ich habe auf diesen Ganzen Scheiß hier keinen Bock mehr. Ich bin nur hier, damit meine Ma endlich ihre Klappe hält. Ich weiß nicht, was du ihr für einen Floh ins Ohr gesetzt hast, aber bist du echt so armselig, dass du dich bei meiner Ma ausheulen musst?“, ihre Stimme klang alles andere als freundlich.
„Genau genommen kam deine Mutter zu mir. Sie macht sich sorgen um dich.“
„Und deswegen drängt sie mich zu dem, der an allem schuld ist? Das soll ich echt glauben?“
„Selbst wenn ich dir jetzt sage, dass es ist die Wahrheit ist, wirst du es mir eh nicht glauben.“
„So sieht es aus. Dir Lügner glaube ich gar nichts mehr“, sie drehte sich um, „Es wäre nett, wenn du mich endlich in Ruhe lassen könntest“, ohne auf eine Antwort zu warten ging sie davon.
Sammy sah ihr mit traurigen Augen hinter her und fing an zu Bellen.
„Du hast recht“, Sven tätschelte seinen Kopf, lief Nat nach und hielt sie am Handgelenk fest, „bevor du gehst möchte ich dir noch eines sagen.“
„Und was?“, genervt rollte sie ihre Augen.
„Du bist immer noch so schön wie ich dich in Erinnerung habe.“
Mit diesen Worten hatte er Natalie überrumpelt. Sie hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Sie wusste nicht was sie sagen sollte.
Selbstsicher nahm er ihre Hände und sah ihr in die Augen: „Das damals ist etwas, was ich zu tiefst bereue. Aber ich kann es nicht ungeschehen machen. Deswegen verstehe ich, wenn du mich hassen willst. Ich mein, ich habe dich verletzt und wahrscheinlich habe ich es auch verdient, dass du mich ignorierst. Aber jetzt, wo du hier vor mir stehst, kann ich nicht anders …“, er strich ihr sachte über die Wange, „an meiner Liebe zu dir hat sich nie etwas geändert.“
„Das sagst du doch jetzt nur so“, Natalie versuchte wütend zu klingen, aber es gelang ihr nicht.
„Nein, ich meine es so wie ich es sage. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke, weil ich dich liebe.“
„Nein“, sie riss sich von ihm los und lief weg.
„Wovor hast du Angst?“, rief Sven ihr hinter her.
„Lass mich endlich in Ruhe“, schrie Natalie zurück und verschwand kurz darauf um die Ecke.
„So schnell gebe ich nicht auf meine Süße. Nicht nachdem ich deine Augen gesehen habe.“
In Gedanken versunken ging Sven nach Hause und Sammy folgte ihm treuherzig.
Weiter mit Teil 6