Ein Fehler zum liebhaben Teil 6

Eigentlich hätte Sven seine Zeit lieber genutzt um Natalie aufzulauern, aber er hatte es Yasemin versprochen. Und so blieb ihn nichts anders übrig als mit ihr und Nikki zum Strand zu fahren.

Während Yasemin sich nur mit der kleinen Nicole beschäftigte, bekam Sammy die volle Aufmerksamkeit von seinem Herrchen. Im Großen und Ganzen hatte Sven kein Problem mit diesen “Familien Ausflügen”. Es nervte ihn nur dass immer alle der Meinung waren, dass er und Yas für ein Paar sehr distanziert seien. Dass sie nur befreundet waren, wollten die meisten nicht kapieren.

Es war schon zum verrückt werden, vor allem das Sven nicht mal mehr seine Standard Aussage machen konnte. Früher konnte er immer sagen, dass Yas verheiratet war. Doch jetzt ging das nicht mehr. Tina hatte es ihr nie verziehen und schlussendlich die Scheidung eingereicht. Yasemin hatte es den Boden unter den Füßen weggerissen, als Tina sie vor vollendete Tatsachen stellte, fing sich aber sehr schnell wieder, als sie merkte, dass es ihr ohne Tina einfach besser ging. Das Einzige, was sie jetzt noch an Tina band, war das gemeinsame Sorgerecht ihrer Tochter Olive. Die meiste Zeit war sie aber bei Yasemin. Nur am heutigen Tag nicht. Da wollte Tina mit ihr in den Vergnügungspark.

„Ach komm, jetzt zieh doch nicht so eine Schnute. Genieß das schöne Wetter doch mal. Was gibt es Schöneres als mit nackten Füßen auf Sand zu laufen?“, Judiths Stimme war erfüllt vor Freude.

Es war eine spontane Idee von Judith gewesen ihre Tochter zu packen und mit ihr zum Strand zu fahren. Natürlich nicht ohne Hintergedanken. Sie wusste genau, dass ihre Tochter früher sehr oft mit Sven hier war. Und sie hoffte, so diese Erinnerungen in ihr hervorzulocken.

„Keine Ahnung was du daran toll findest, ich finde es blöd.“

„Jetzt sei nicht so, komm wir gehen runter zum Wasser. Ach das wird so ein schöner Tag“, säuselte Judith.

Da Natalie sich keinen Schritt bewegte, nahm sie die Hand ihrer Tochter und zog sie hinter sich her.

Auf einmal riss sich Natalie los.

Erschrocken drehte sich ihre Mutter zu ihr um: „Was ist los?“

„Was los ist? Ey das fragst du echt? Tickst du eigentlich sauber? Das ist doch nur wieder so ein blöder Plan um mich an diesen Idioten zu binden.“

Judith verstand erst gar nicht, blickte kurz über ihre Schulter und entdeckte Sven. So hatte sie sich das eigentlich nicht vorgestellt. Sie wollte die Erinnerungen in Natalie aufblühen lassen, aber nicht, dass sie hier auf ihn traf und dann auch noch mit seiner Tochter.

„Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass er hier ist.“

„Das kannst du sonst jemanden erzählen! Ich weiß nicht, wer von euch die treibende Kraft ist. Aber ich weiß, dass ihr zusammenarbeitet und garantiert hat er dir gesagt, dass sie heute hier sind. Das würde dann auch erklären, wieso du so von jetzt auf gleich hier hinwolltest. Eigentlich habe ich gedacht du würdest meine Entscheidung akzeptieren, aber anscheinend liege ich damit falsch.“

„Spätzchen bitte, ich wollte wirklich nur ein bisschen Zeit mit dir verbringen, mehr nicht. Du hockst die ganze Zeit nur in deinem Zimmer. Und da dachte ich mir, dass dir ein bisschen Sonne auf der Nase mal guttut. Ich wusste nicht, dass Sven hier ist, ich wollte nur eine schöne Zeit mit dir verbringen. Du hast diesen Ort früher so geliebt.“

„Das war früher, jetzt verbinde ich nur noch Hass damit. Und auch wenn du sagst, du wusstest nicht, dass dieser Idiot hier ist, glaube ich es dir nicht! Dir sind doch alle Mittel und Wege recht, damit du uns wieder zusammen bekommst.“

„Weil du damals glücklich warst!“, schrie Judith ihre Tochter an.

„Also wusstest du doch, dass die hier sind …“

„Nein, wusste ich nicht, was ich aber weiß ist, dass du mit Sven an deiner Seite so unbeschreiblich glücklich warst. Du warst nur am Strahlen, und jetzt? Jetzt bist du nur noch eine übergewichtige Miesmuschel. Ich will mein glückliches Mädchen wieder haben“, sie zeigte zu Sven, „und er will nur die Frau, die er über alles liebt, wieder haben. Süße, spring doch endlich über deinen Schatten. Ich weiß, dass er dir nicht so egal ist wie du es jedem zeigst. Würdest du ihn so hassen, wie du den Anschein warst, dann hättest du nicht alle Bilder und sonstige Erinnerungen aufgehoben. Natalie bitte! Er liebt dich immer noch, was willst du mehr?“

„Das du mich endlich mit diesem Thema in Ruhe lässt“, außer sich vor Wut stapfte Natalie davon.

„Ich will doch nur dein Bestes …“, sprach Judith zu sich selbst.

Langsam ging sie runter zum Strand.

„Hast du wahrlich etwas anderes von ihr erwartet?“, mit diesen Worten begrüßte Sven sie, ihm war der Streit, zwischen Mutter und Tochter, nicht entgangen war.

„Nenn mich naiv, aber ich hatte es gehofft.“

„Du kennst deine Tochter doch, wenn sie eines ist, dann ein Sturkopf.“

 „Ja … eine Eigenschaft die sie leider von ihrem Vater geerbt hat. Der war auch so ein sturer Bock.“

„Wie kommst überhaupt das ihr hier hin seid? Ich mein, müsste Nat den Ort nicht hassen?“

„Naja“, sie scharrte verlegen mit dem Fuß im Sand, „ich bin mit ihr hier hin in der Hoffnung, sie würde sich an ein paar schöne Momente zurückerinnern. Hab mir wohl einen Schlechten Tag ausgesucht.“

„Kannst ja nicht wissen, dass wir hier sind.“

„Geht ihr doch nach“, kam es auf einmal von Yasemin die sich dazu gesellte.

„Spinnst du?“

„Sven, jetzt mal ehrlich. Wer hat mir damals immer dazu geraten mit Tina zu reden? Du warst immer mit Rat und Tat an meiner Seite, also hör jetzt einmal auf mich und geh ihr nach.“

„Du tust ja so als würde ich wissen, wohin sie ist.“

„Weil du es weißt. Natalie ist verletzt, ob es jetzt nur an damals liegt oder auch an etwas anderen weiß ich nicht, aber ich bin damals, wenn ich mich wieder mit Tina gestritten hatte, zu dem Ort gegangen, der mich an den schönsten Moment unserer Beziehung erinnerte. Das nicht bewusst, ich habe oft vor lauter Tränen nichts gesehen. Und doch landete ich an dem Ort wo sie mir einen Antrag gemacht hatte. Und wir wissen beide, dass es hier ein Plätzchen gibt, mit dem sie etwas verbindet. Das erste Mal in ihrem Leben das sie zu hören bekam, dass man sie liebt … sowas vergisst man nicht.“

„Meinst du wirklich?“

„Ja, ich meine.“

„Aber ich kann dich ja nicht hier alleine lassen.“

„Ich bin doch nicht alleine oder?“, sie sah zu Judith.

„Eben, ich bin auch noch hier und ich kann sie später auch nach Hause fahren.“

„Und Sammy?“

„Ich kam doch schon letztens, wo ich bei dir war, mit dem Kuschelmonster klar“, sie berührte Sven an der Schulter, „ich würde alles tun, damit mein Mädchen wieder glücklich wird.“

„Gut, dann werde ich mein Glück versuchen. Aber versprechen tu ich nichts.“

„Wir drücken dir die Daumen“, kam es von Yasemin.

„Werde ich bestimmt brauchen“, er verließ die beiden Frauen und ging noch kurz zu seinem Wagen.

Er zog sich Schuhe und ein T-Shirt an und machte sich dann auf den Weg zu dem Ort, an dem er damals Natalie seine Liebe gestand.

Ohne es zu wollen, war Natalie an dem Ort zurückgekehrt, den sie eigentlich meiden wollte.

Tränen liefen ihre Wangen hinab während in ihrem Kopf eine Erinnerung aufflammte.

Die Sonne ging im Westen unter und färbte alles in einen Orangeton. Glücklich lag Natalie auf ihrem Handtuch, Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch und sie konnte nicht anders als ständig zu Sven zu sehen. Sein Lächeln, diese Augen, einfach alles ließ sie schwach werden. Sie war in seiner Gegenwart eine willenlose Puppe. Hauptsache er war bei ihr, mehr brauchte sie nicht.

Sie erschrak leicht als er ihre Hand nahm und küsste. Das hatte er noch nie gemacht. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie das Gefühl hatte, es würde jeden Moment aus ihrem Körper raus schießen. Er sah ihr in die Augen, seine Lippen formten wieder dieses leichte grinsen, er zog sie zu sich, sah ihr noch tiefer in die Augen und auf einmal hörte sie seine Stimme. Sie dachte erst, sie bildet sich es ein. Aber nein, er hatte ihr wirklich gesagt, dass er sie liebt. In ihrem Kopf drehte sich alles. Sie wollte vor Freude aufschreien, so glücklich machte sie seine Liebeserklärung. Sie sah in seine Augen, wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Zu überwältig war sie, so sehr das sie gar nicht anders konnte. Wie ein Sturzbach liefen ihre Tränen. Es war ihr peinlich, sie sah weg. Er berührte ihre Wange und sah sie an, da war es wieder dieses lächeln.

„Hör auf!“, schrie Natalie sie wollte diese Erinnerung nicht weitersehen.

„Ich habe doch gar nichts gemacht“, kam es kleinlaut von Sven.

„Was verstehst du eigentlich nicht an lass mich in Ruhe?“

„Eigentlich alles.“

„Und warum kannst du mich dann nicht in Ruhe lassen?“

„Weil ich finde das es einfach mal Zeit ist, dass wir uns zusammen hinsetzen und reden. Danach lasse ich dich dann auch in Ruhe, wenn du das dann willst.“

„Was soll das bringen?“

„Natalie ich kenne dich recht gut und irgendwie habe ich das Gefühl, dass dein Verhalten nicht nur auf der Sache von damals beruht. Ich glaube, dass da noch etwas ist. Was hast du zu verlieren? Eigentlich gar nichts, du hast höchstens etwas zu gewinnen, wie zum Beispiel das ich dich in Ruhe lasse. Komm, setzten wir uns da vorne hin und quatschen mal ein bisschen“, er wartete nicht auf eine Antwort, sondern setzte sich etwas entfernt unter eine Palme und beobachtete seine Liebe.

Weiter mit Teil 7